Bravely Default

„Bravely Default“ spielt in der Welt Luxendarc, welche durch das Licht der vier elementaren Kristalle Feuer, Wasser, Wind und Erde erschaffen wurde. Eine böse Macht scheint diese zu verschlingen und stürzt die Natur in ein Ungleichgewicht, welches das nahe Ende Luxendarcs bedeuten könnte. Agnès Oblige, die Vestalin des Windkristalls war Zeugin des furchtbaren Spektakels. Durch das selbstlose Handeln der Ministranten konnte sie vom Windkristall beschützt werden und begibt sich somit auf die Reise zu all jenen Kristallen, um diese zu erwecken und somit das Licht zurück nach Luxendarc zu bringen. Auf dem Weg ihres Abenteuers trifft sie auf Tiz Arrior, einem jungen Dorfburschen, welcher mit ansehen musste, wie sein Dorf Norende von einem riesigen Abgrund verschluckt wurde. Als einziger Überlebender fühlt er sich verpflichtet Agnès zu helfen und sein Heimatdorf wiederaufzubauen. Zusammen treffen sie auf zwei weitere Gefährten namens Ringabel, einen jungen Casanova mit verlorenem Gedächtnis und Edea, eine impulsive junge Frau, welche sich gegen ihr Volk aus Eternia und deren Sichtweise des Antikristallismus stellt.

Rollenklassiker

Square Enix ist bekannt für Spielereihen wie „Final Fantasy“, „Dragon Quest“ oder „Kingdom Hearts“. Allesamt Rollenspiele mit tiefergehenden Geschichten, einem gut durchdachten Kampf- und Levelsystem, sowie atemberaubender Grafiken. „Final Fantasy“ war über seine 30 Jahre alte ‚Lebensgeschichte‘ mit gut 15 Haupttiteln und einigen Spin-offs immer wieder ein Garant für innovative Spielegrafik und somit vielen anderen bekannten Titeln wie „The Elder Scrolls“, „Assassin‘s Creed“ oder „Battlefield“ immer einige Schritte voraus.  Auch das im November 2016 erschienene Final Fantasy 15 hat mit seiner detaillierten realistisch aussehenden Spielwelt und Charaktermodellen die Messlatte im grafischen Bereich deutlich angehoben. Dennoch gibt es auch einige negative Aspekte an den älteren Rollenspielklassikern der Reihe. Alte Mechaniken wie ständig auftauchende Zufallskämpfe können den Spieler frustrieren und zum Teil sehr verärgern. Doch wieso eigentlich all die Infos zu Square Enix, „Final Fantasy“ und Co.?

Mit „Bravely Default“ versucht Square Enix einen weiteren japanischen Rollenspielklassiker für den Nintendo 3DS zu platzieren, der die alte Nostalgie und Faszination des Genres wieder aufblühen lassen soll.

Rundbasierte Kämpfe mal anders:

„Bravely Default“ bleibt dem auf rundenbasierten Kampfsystem à la „Final Fantasy“ treu, erweitert dieses jedoch um weitere Komponenten. Die Haupterweiterung ist das Brave und Default System. Während eines Kampfes können Brave Punkte (BP) ausgeben werden, um mehrere Aktionen wie ‚Angriffe‘ oder ‚Objekte benutzen‘ zu verwenden. Sollte der BP-Wert unter null fallen, muss der Charakter so viele Runden aussetzen, bis der BP Wert wieder den Wert Null erreicht. Eine Runde regeneriert dabei immer einen BP. Ebenso kann man ‚Default‘ verwenden. ‚Default‘ steigert den BP Wert um einen Punkt und bringt den Charakter in die Verteidigungsstellung, um weniger Schaden zu erhalten. Durch dieses System hat man die Möglichkeit, früh im Spiel Gegner zu besiegen bzw. mehrere Aktionen zu verfügen, um seine Gruppe während des Kampfes komplett zu heilen, welches den Taktikgehalt des Spiels immens steigert und Kämpfe gegen schwächere Gegner beschleunigt. Wem die Kampfanimationen zu lange dauern, der kann mit Hilfe des Steuerkreuzes die Spielgeschwindigkeit verdoppeln bzw. vervierfachen.

Qual der Wahl – Jobsystem

Das Charaktersystem in „Bravely Default“ ist relativ komplex. Im Spiel gibt es 24 verschiedene Jobs, die jedem einzelnen Gefährten zur Verfügung stehen, vom Krieger über Magier, bis hin zum Händler. Diese Jobs rüstet man mit Hilfe der Job-Asterisken aus. Asterisken sind Ausrüstungsgegenstände in Form von Juwelen. Sie können jederzeit beliebig ausgetauscht werden. Pro Kampf bekommt man sowohl Erfahrungspunkte für das Level des Charakters, als auch Jobpunkte, um neue Fähigkeiten seines ausgerüsteten Jobs zu erlernen.  Will man seinen aktuellen Job wechseln, so kann man immer noch zuvor erlernte Fähigkeiten eines anderen Jobs unter Hilfsfähigkeiten ausrüsten, um seinen Charakter noch differenzierter zu individualisieren.

Multiplayerelemente? Wozu?

Einen richtigen Multiplayermodus bietet „Bravely Default“ nicht, nur einige Ansätze, um dem Spiel die ein oder andere Würze zu verpassen. Unter dem Speichermenü gibt es die Möglichkeit, mit Hilfe einer Internetverbindung Daten zu aktualisieren und somit Freunde im Spiel zu finden, welche dem Spieler passiv im Kampf beistehen können. Passiv deshalb, weil ein hinzugefügter Freund nicht aktiv ins Geschehen eingreift, genauso wenig wie der Spieler selbst, der ebenso Hilfe senden kann. Während eines Kampfes kann man im Kampfmenü Freunde rufen, wodurch Charaktere eines anderen Spielers zu Hilfe eilen. Mit jedem Hilferuf steigt auch die Affinität zu den Charakteren des Freundes und stärkt somit seine Stärke.

Neben ‚Freunde rufen‘ und ‚Hilfe senden‘ gibt es auch die den Befehl ‚Abilink‘, mit dem man die Fähigkeiten seiner Freunde im Kampf ausleihen kann. Zwingend notwendig sind diese Funktionen aber nicht.

Im Hinblick auf den Multiplayer ist der Wiederaufbau des Dorfes Norende der interessanteste Teil. Mit Hilfe von ‚Daten aktualisieren‘ bekommt man einen geringen Anteil an Dorfbewohnern, welche beim Aufbau der Stadt eingesetzt werden müssen. Für jeden eingesetzten Bewohner einer Aktion, wie den Wiederaufbau eines Trankladens, sinkt die Fertigstellungszeit um die Hälfte. Im Hinblick auf die Bauphase späterer Gebäude, welche bis zu 100 Stunden dauern kann, ist eine große Anzahl von Dorfbewohnern sehr wichtig. Allein fünf eingesetzte Dorfbewohner können dabei die Bauphase auf etwa 3 Stunden regulieren. Diese Gebäude werden nicht nur aus Spaß fertiggestellt, sondern dienen dem Spieler als Einkaufsmöglichkeiten für Ausrüstung und Objekte und können ihm ebenso einige Geschenke der Dorfbewohner gewähren. Zudem können Erzfeinde in Form von starken Monstern von anderen Spielern losgeschickt werden, welche dann das Dorf angreifen. Diese Art Bosse kann man zum Aufleveln besiegen, als auch zu Dörfern anderer Spieler weiterschicken, falls diese einem zu stark erscheinen.

Zu guter Letzt gibt es noch das ‚Bravely Second‘. Während eines Kampfes kann man mit Hilfe der Start-Taste die Zeit des Spiels einfrieren und somit Gegner handlungsunfähig machen. Der Spieler selbst kann weiterhin Aktionen ausführen, jedoch kostet jede einzelne, sei es ein Angriff oder das verwenden eines Objektes einen SP-Punkt. SP-Punkte können im Spiel durch SP-Tränke erworben werden oder im Standyby-Modus des Nintendo 3DS (1 Punkt alle 8 Stunden). Da SP-Tränke rare Ware im Spiel sind, kann man diese auch im Nintendo eShop für jeweils 99 Cent erwerben. Allerdings spielt die Funktion ‚Bravely Second‘ für den Spielverlauf und -erfolg eine untergeordnete Rolle.

Nervige Zufallskämpfe sind Schnee von gestern

JRPGs sind bekannt für ihre massive Anzahl an Zufallskämpfen, sowie sehr langen Spielzeiten, durch ständiges Hochleveln. Dieses Problem haben sich die Entwickler von „Bravely Default“ zu Herzen genommen und ein kleines aber feines Menü entwickelt, um für RPG-Neulinge die Schwierigkeit des Spiels anzupassen und dadurch den gesamten Spielaufwand zu verkürzen. Allerdings stellen sich genauso auch Genre-Veteranen vor Herausforderungen – im positiven Sinne. Unter Einstellungen hat man die Möglichkeit, neben der normalen Anpassung der Schwierigkeit die Monster-Häufigkeit in Prozent anzupassen, genauso wie das Erhalten von Erfahrungspunkten oder Gold aufzuheben. Mit diesen Einstellungen kann man die Anzahl der Zufallskämpfe im Spiel ganz ausstellen, minimieren oder sogar erhöhen, genauso wie für erfahrene Spieler das Spiel neben der Schwierigkeit extra erhöhen, um sich ‚Leveltechnisch‘ keine Vorteile zu erarbeiten.

Wäre ich doch nur eine Leseratte…

Wer „Bravely Default“ spielt, der muss sich auf eines gefasst machen: Lesen bis der Arzt kommt. Das Spiel lebt von seiner Geschichte und den damit verbundenen Dialogen, die die Gefühle und Gedanken der liebevoll gestalteten Charaktere näherbringen. Ebenso lässt es den Spieler regelrecht in die Spielwelt eintauchen, untermalt von den wunderschön von Hand gezeichneten Städten und Landschaften und dem orchestralen Soundtrack, der spätestens nach einer Stunde dem Spieler einen Ohrwurm einverleibt. Manchmal gibt es aber auch Stellen, in denen Gruppengespräche vermehrt auftauchen und den Spieler regelrecht aus dem Spielfluss zerren können. Wer jedoch keine Probleme mit der Menge an literarischen Inhalt hat und noch immer mehr erfahren will, dem wird über das Tagebuch eine Enzyklopädie geboten. Dieses wird mit jedem neu erforschten Trank, Land oder Charakter Stück für Stück komplementiert. „Bravely Default“ beinhaltet klassische japanische Rollenspiel-Themen wie Loyalität, Kameradschaft, Liebe, Mitgefühl, Leid und vieles mehr, und orientiert sich somit an seinem großen Vorbild, der „Final Fantasy“-Reihe.

Fazit:

„Bravely Default“ kann man als eine optimierte Variante der alten „Final Fantasy“-Klassiker sehen. Es merzt gänzlich alle Kritikpunkte alter Rollenspiele in Sachen Zeitaufwand, Spielmechaniken wie z.B. die Häufigkeit von Monstern aus und bietet eine wunderschöne, leicht zugängliche Geschichte für Rollenspiel-Fans und -Einsteiger.

 

Eine Rezension von Fabian Thoma // Wintersemester 2017/2018