Metal Gear Rising: Revengeance

Metal Gear Rising: Revengeance ist ein jüngerer Ableger der Metal-Gear-Reihe, die unter Fans einen hohen Status genießt und sich mit jedem neuen Titel zu einer noch komplexeren Spielwelt verdichtet. In Metal Gear Rising steuern wir den Charakter Raiden, einen ehemaligen Kindersoldaten, der von der Paramilitär-Firma Maverick zu einem “Cyborg-Ninja“ herangebaut wurde. Die Kollegen von Maverick schicken Raiden quer um den Globus, um andere, terroristische Paramilitär-Organisationen zu Fall zu bringen, die nach eigenem Profit in einer dystopischen Welt endloser Kriegstreiberei eifern. In sieben Akten müssen die SpielerInnen mit Raiden deren Machenschaften aufdecken und schließlich mit Stahlkörper und Schwert jeden einzelnen Gegner beseitigen, der auf dem Radar erscheint.

Eher für den Machetenmaestro als den Klingenknirps

In Tradition seiner Vorgänger kann man Metal Gear Rising beim Genre der „Shooter“ verorten, auch wenn der Name „Slicer“ vielleicht noch treffender wäre: Als Cyborg-Ninja kämpft der Hauptcharakter nämlich hauptsächlich mit seiner Klinge. Schon die Verpackung des Spiels kündigt es an und fordert uns auf: „ZERSCHNEIDEN SIE ALLES!“ Dieses Versprechen wird gehalten und hält auch durchaus bei Laune. Hat man die gut umgesetzte Spielphysik und die Basissteuerung des Zerschneidens erst einmal verstanden, kann man vom kleinen Zaun bis zum riesigen Lastwagen tatsächlich fast alles zu Kleinholz hacken und dadurch zum Verschwinden bringen. Ein bisschen bekloppt, aber schon spaßig!

Mit der Beherrschung der Steuerung steht und fällt aber auch dieses Spiel. Der volle Spielspaß bietet sich wahrscheinlich eher jenen Fans, die mit den Spieltechniken der Metal-Gear-Reihe schon etwas vertrauter sind oder SpielerInnen, die reichlich Erfahrung im Umgang mit dem Controller mitbringen. Für diese sollte es ein Vergnügen sein, die zahlreichen Kampftechniken, die das Spiel bietet, zu lernen und “an den Mann zu bringen“.

Balanceakt zwischen Spiellust und -frust

Zum Glück hält das Spiel verschiedene Schwierigkeitsgrade zur Auswahl bereit. Dadurch können neben den ProfizockerInnen auch die, die Metal Gear zum ersten Mal spielen, auf ihre Kosten kommen. Viele von letzteren würden wahrscheinlich in den Kampfszenen wahllos irgendwelche Tasten drücken, dürften sich aber auch damit schon irgendwie durch das Spiel wurschteln. Kleiner Wermutstropfen: Man kann während der gesamten Spielgeschichte nicht zwischendurch den Schwierigkeitsgrad wechseln, sondern ist bis zum Ende auf einen festgelegt. Das ist zwar bei solchen Spielen die Regel, kann eine/n bei Metal Gear Rising aber durchaus vor echte Probleme stellen: Dadurch ist man gezwungen, von ganz vorne mit einer leichteren Einstellung neu zu beginnen, wenn man kurz vor Ende der Story feststellt, dass man dem letzten Gegner trotz aller Bemühungen nicht gewachsen ist – und das kann hier definitiv passieren. Unter anderem die schwer zu beherrschende Kameraführung kann einem dabei manchmal einen Strich durch die Rechnung machen. Abgesehen davon sind Grafik und Sound – Englisch mit deutschen Untertiteln – sehr ansprechend und für die Spielform angemessen flüssig.

Immer wieder leuchten im Spiel auch mehrere Quicktime-Events auf, Passagen, in denen man schnell reagieren und ganz bestimmte Tasten drücken muss. Aber auch die meisten von diesen sollten mit etwas Übung und im richtigen Schwierigkeitsgrad für jeden zu schaffen sein.

Geringer Spielumfang

Der Spielumfang von Metal Gear Rising: Revengeance ist, gerade aufgrund eines fehlenden Mehrspieler-Modus, eher mau und ein Kauf lohnt sich wohl erst, seitdem der Titel mit “Altspiel“-Preisen etikettiert wird. Abgesehen von ein paar kleinen freischaltbaren Bonus-Herausforderungen und ein paar herunterladbaren Inhalten, ist die Hauptstory in unter zehn Stunden durchgespielt; für viele in noch kürzerer Zeit, da sich so manche/r SpielerIn jeweils mehrere Stunden (!) an nur ein oder zwei Endgegnern die Zähne ausbeißen könnte. Das ist auch dem Umstand geschuldet, dass das Spiel zu Beginn trotz eines kurzen Tutorials nicht alles erklärt und im Anschluss nur wenig an die Hand nimmt. Trotz zahlloser Anläufe bei besagten Gegnern und einer hohen Frustkurve, schafft es das Spiel aber dennoch immer wieder, Einen beim Ehrgeiz zu packen und es weiter zu versuchen.

Von den taktisch zu bekämpfenden Endgegnern abgesehen, gibt es allerdings im weiteren Spielgeschehen, nicht allzu viele andere Arten von Gegnern. Einmal die Kämpfe gegen sie richtig analysiert und man rauscht durch weite Teile der Akte nur so hindurch, auch dank immer weiterer Ausrüstungen, die Raiden im Spielverlauf an seinem Cyborgkörper installiert. Der Spielspaß hält sich daher in diesen Passagen eher in Grenzen – auch weil die, für Metal Gear obligatorischen Schleichoptionen eben zumeist zu optional bleiben.

Philosophieren übers Massakrieren

Die Kampfphysik des Spiels versucht bisweilen einen seltsamen Spagat. Offensichtlich hat man sich nämlich bemüht, die USK auf Ü18 zu schrauben. Aus der gewaltverherrlichenden Darstellung der Kämpfe zwischen den opponierenden Paramilitärs wird überhaupt kein Hehl gemacht. Durch die Luft und auf den Boden spritzt eine Menge Blut, selbst aus den Maschinen, die eigentlich keine biologisch fleischlichen Körper beherbergen. Man kann mit dem Schwert jede Gliedmaße einzeln abtrennen (und wird dazu durch Markierungen auch animiert) und jedem Gnadenstoß, bei dem man schließlich den Gegner gänzlich entzweit, folgt eine blutige Explosion dessen Körpers. Eine heillos (nicht nur physikalisch) übertriebene Gewaltdarstellung. Da hilft auch nicht, dass das Spiel im Anschluss von selbst das Schlachtfeld aufräumt und Körperreste und Blut verschwinden lässt. Zimperliche Gemüter dürften da schon längst abgeschaltet haben, auch wenn der Realismusgrad des Ganzen nicht besonders hoch ist.

Nicht nur der grafische Gewaltaspekt bewegt sich in einem problematischen Bereich, auch die Gewaltethik wird mehr als fragwürdig stupide behandelt. Man sollte schon in einem fortgeschrittenen Jugendalter sein, um die Hintergründe von paramilitärischen Privatorganisationen und Kriegstreiberei zu verstehen. Aber mindestens 18 Jahre sollte man mitbringen, um zu merken, dass Metal Gear Rising dieses zentrale Thema des Spiels nur schändlich simpel und oberflächlich bespricht. Ein höherer Anspruch steckt von Seiten der Entwickler aber wohl auch nicht dahinter. Der tiefsinnigste Akt handelt noch davon, dass Raidens Gegner ihm bewusst machen, dass die “bösen“ Söldner, die er, “der Gute“, zur Strecke bringt, eigentlich auch nur mittel- und alternativlose Familienväter sind. Der Rest des Spiels besticht (neben aber auch einigen coolen Dialogen und humorvollen Passagen) eher durch Gespräche wie diese: „Was ist der Sinn des Lebens? Warum sind wir hier?“ – „Ich bin hier, um Sie zu töten.“

Fazit:

Unterm Strich steht, wenig überraschend, eine absolute Bestätigung der Einschätzung der USK, auch aus pädagogischer Sicht. Metal Gear Rising: Revengeance ist für Minderjährige gänzlich ungeeignet. Die völlig übertriebene Darstellung von Kämpfen und die reichlich stumpf erzählte Story sind aber auch so nicht für Jedermann. Für die Erzählung ist ein Einstieg bei einem früheren Metal-Gear-Titel ratsam, aber kein Muss. Zudem sind die Steuerung und so mancher Gegner im Spiel für Laien eine ziemliche Herausforderung und könnte bei Manchen zum frustrierten Spielabbruch führen. Fans der Metal-Gear-Reihe und geübte SpielerInnen können aber durchaus ein paar (wenige) Stunden Spielspaß damit haben.

Eine Rezension von Robin Laumeyer // Wintersemester 2017/2018