In „They Are Billions“ verschlägt es den Spieler in eine post-apokalyptische Welt. In dieser haben Zombies die Menschheit an den Rand der Existenz verdrängt. Dem Spieler obliegt die Aufgabe, eine der wenigen verbliebenen Enklaven der Menschheit gegen Horden von Zombies zu verteidigen. Hierfür stehen ihm verschiedenste Mittel und Erfindungen einer Steampunkzivilisation zur Verfügung.
„The Colony Has Fallen!“
Wer ungern verliert, sollte seine Zeit nicht mit „They Are Billions“ vertreiben, denn verlieren ist hier, vor allem zu Anfang, nahezu unvermeidlich. Was jedoch nach viel Frust klingt, stellt sich schnell als äußerst motivierend heraus. „Mist, beim nächsten Mal doch besser anders“, so oder so ähnlich, lautet das Fazit nach jeder misslungenen Partie. Einmal noch probieren, nochmal eine neue Kolonie aufbauen, diesmal aber mit doppelter Mauer und vielleicht ein, zwei Türmen mehr pro Abschnitt, das treibt an und befeuert die grauen Zellen. Engstellen müssen auf der zufallsgenerierten Karte gefunden und in die Verteidigung integriert werden. Zwischen Gewässern, Wäldern und Bergen, entscheiden sich die großen Schlachten. Doch für eine standhafte Verteidigung braucht es vor allem eins: Rohstoffe. Wer früh sparsam ist, wird später mehr haben, das gilt für alle sieben Rohstoffe die dem Spieler zu Verfügung stehen. Gold, Holz, Stein, Eisen, Öl werden zwingend gebraucht um Gebäude und Bollwerke zu errichten. Arbeiter sind wichtig um diese Rohstoffe zu erzeugen, Nahrung und Strom um die Arbeiter und die Maschinen unserer Steampunkzivilisation am Laufen zu halten. In den ersten Spielstunden ist alles noch ein großes Ausprobieren, ein Austüfteln und ein Verstehen. Frei nach dem Motto: „Versuch macht klug.“
Ein genauer Blick ist wichtig. So kann manchmal eine kleine Jagdhütte wesentlich effektiver sein als eine große Farm. Letztere muss erst einmal erforscht werden, das kostet Rohstoffe, Zeit und vor allem auch Arbeiter. Eine effektive Farm ist nicht zu unterschätzen, produziert hier ein Arbeiter doch bis zu 5 oder 6 Einheiten Nahrung. Zum Vergleich: eine gut platzierte Jagdhütte schafft oft nur 2-3 Einheiten. Doch gerade hier wird’s knifflig. Ist Farmland rar, so sinkt die Produktion der Farm und plötzlich ist es profitabler, mehrere Jagdhütten zu verteilen als seine kostbaren Arbeiter an ein Gebäude mit wenig Output zu binden.
Alles für die Kolonie
Und schon zeigt sich das wohl wichtigste strategische Element von „They Are Billions“. Das Spiel zwingt den Spieler dazu, abzuwägen. Wenig Farmland macht vorhandene Grünflächen umso wertvoller. Doch kann man diese überhaupt verteidigen? Eine Mauer ist ein kleiner Schutz, eine Wachmannschaft auf Patrouille tut Abhilfe gegen kleine Angriffe, ein Wachturm schützt ein Gebiet dauerhaft, muss jedoch mit Einheiten besetzt werden und verringert so die Flexibilität. So ist es manchmal auf lange Sicht von Vorteil, weniger wichtige Gebäude nicht zwangsweise zu schützen. Soll doch die nächste Zombiehorde die Farmen zerstören, die bauen wir wieder auf. Sind jedoch die Mauern des Koloniekerns erst einmal durchbrochen, ist das Spiel meist verloren.
Der Clou: Zombies, die ein Gebäude zerstören, infizieren dessen Bewohner und erzeugen so mitten in der Invasion weitere Ärgernisse, um die sich der Spieler kümmern muss. Man kann sich vorstellen was passiert, wenn sich auch nur ein Zombie durch die Sicherheitsanlagen schleicht und in die dicht bebauten Wohngebiete der Kolonie eindringt. Ruck, zuck, wird die Kolonie überrannt und die Ausbreitung der Zombies ist kaum noch unter Kontrolle zu bringen. Das macht das Spiel spannend.
Wichtige Rohstoffe, die beim Spielstart zwingend erforderlich sind, binden Arbeiter und Strom, werden jedoch mit der Erforschung des Marktes erschwinglicher. Spätestens dann stellt sich die Frage: Lieber die Arbeiter für andere Tätigkeiten nutzen und die benötigten Rohstoffe mit Gold einkaufen, oder doch zumindest den Grundbedarf selbst herstellen? Umgekehrt gilt: Überproduktion bringt dank des Marktes zusätzliches Gold – und das sogar automatisch!
Söldner vs. Zombies
Zur Verteidigung der Kolonie stehen dem Spieler unterschiedliche Einheitentypen zur Verfügung. Zu Spielbeginn, die Rangerin und der Soldat. Erstere erkundet und tötet lautlos mit ihrem Bogen. Der Soldat hingegen, ist zwar gut gepanzert und teilt mit seiner Flinte ordentlich aus, macht jedoch mit selbiger Krach, der Zombies in der Nähe anlockt. Später stehen einem weiteren Einheitentypen zur Verfügung, diese wollen jedoch, ebenfalls wie zusätzliche Verteidigungseinrichtungen, Fallen, Abwehrtürme und Wirtschaftsgebäude, erst einmal erforscht werden. Hier steht der Spieler wieder vor der Frage nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis. „Brauche ich wirklich bereits früh im Spiel einen doch recht teuren Scharfschützen? Sollte ich das Gold für dessen Erforschung nicht doch besser in ein Upgrade für meine Wohnhäuser investieren?“ Dies wird sich jeder Spieler zwangsläufig fragen müssen, spätestens jedoch nach den ersten paar Fehlversuchen. Später, vor allem im „Endgame“, stehen dem Spieler, nach Abschluss der entsprechenden Erforschung, mechanische Einheiten zur Verfügung: Flammenwerfer, Nahkämpfer und der mächtige Titan, der mit seinen zwei Gatling-Guns Reihe um Reihe an Zombies niedermäht und damit kostbare Zeit gewinnt. Dem gegenüber, stehen unterschiedliche Arten an Zombies.
Diese fangen bei den Standard-Zombies an. Deren Laufgeschwindigkeit, hängt von ihrem Infektionsgrad ab, „alte“ Zombies schlurfen, „junge“ Zombies laufen. Hinzu kommen für das Zombie-Genre typische Archetypen: Unter Anderen, ein dicker Zombie der viel aushält, dafür jedoch langsamer ist, ein schlanker Zombie der rennt und über Mauern springt und fiese giftige Zombies, die aus der Entfernung grüne Schleimfontainen auf unsere Kolonie spucken. Wie unhöflich!
Alle Mühen des Spielers fiebern letztlich auf den Letzten Tag hin, denn kein Spiel dauert ewig. Entsprechend des gewählten Schwierigkeitsgrades, hat der Spieler 80, 100, 120 oder 150 Tage Zeit, sich auf diesen Letzten Tag vorzubereiten. Diese laufen in Echtzeit ab. 100 Tage im Spiel, entsprechen etwa 2 Stunden Spielzeit. Je mehr Zeit der Spieler hat, desto geringer der Schwierigkeitsgrad, welcher durch weitere Einstellung wie Zombiepopulation und Variationen der Spielwelt zusätzlich individualisiert werden kann. Der Schwierigkeitsgrad bestimmt letztlich die Punktzahl am Ende des Spiels, mit welcher neue Karten freigespielt werden können. Dies motiviert zusätzlich und bringt nach einer gewonnenen Partie neue Herausforderungen mit sich.
Hübsch is‘ es und das hört man auch!
„They Are Billions“ präsentiert sich in einem hübschen Comiclook. Dieser ist sehr passend, die Gebäude sind detailliert und schön animiert, jedoch nur pseudo 3D. So lassen sich weder Gebäude rotieren, noch die Kameraperspektive ändern. Die Welt wirkt schmutzig und verleiht so der Apokalypse ihren Charme. Arbeiter und Bewohner sorgen für einen gewissen Wuselfaktor á la Siedler. So bestellen beispielsweise Bauern das Farmland und bringen die Ernte zum Lager. Generell sind die Laufwege zwischen den Gebäuden gerade in engeren Kolonien oft mit Figuren gefüllt. Diese laufen bei genauerer Betrachtung jedoch meist eher ziellos umher, was die Spielwelt dennoch mit Leben füllt. Begegnen Zivilisten einem Zombie, so werfen sie die Arme in die Luft und laufen schreiend davon. Die Zombies hingegen, verharren meist in bester Zombiemanier dort, wo sie eben stehen – wenn sie nicht gerade durch ihre Nachbarn aufgescheucht werden.
Passend zur Grafik haben die Entwickler ihr Spiel mit einer atmosphärischen Musik- und Soundkulisse ausgestattet. Die Apokalypse wirkt nicht nur trostlos, sie klingt auch so! Der Wind heult, einzelne Krähen sind zu hören und doch, hinter den Mauern der Kolonie hört man ihre Bewohner. Besonders gelungen ist die Vertonung der Einheiten, diese ist zwar vollständig auf Englisch – anders als die Texte, welche auch auf Deutsch verfügbar sind – punktet aber mit liebevollen Onelinern. Der Soldat entschuldigt sich beim Auswählen, weil er gerade seine Waffe gereinigt hatte, die Rangerin kommentiert das erneute Herumkommandieren mit „Gibt es keine andere Einheit, die du nerven kannst?“ das verleiht „They Are Billions“ einen ganz besonderen Charme.
Was jedoch besonders ins Auge sticht, ist die schiere Masse an Gegnern. Wo bei anderen Spielen mit 100 oder 200 Gegner gleichzeitig das dargestellte Maximum erreicht ist, bleibt „They Are Billions“ nah am Namen – zumindest gefühlt. So versprechen die Entwickler tausende Zombies gleichzeitig auf der Spielkarte und das ist nicht übertrieben!
Early Access, dass heißt Bugs. Mitnichten!
Ja, „They Are Billions“ ist ein Early Access Spiel, das heißt das Spiel befindet sich noch in der Entwicklung und die Entwickler gewähren den Fans die Möglichkeit bereits vorab eine Art Testversion zu spielen. Doch wo andere Early Access Spiele oft eine Aneinanderreihung von Spielfehlern sind, besteht „They Are Billions“ überwiegend aus einem – oberflächlich betrachtet – fertigen Spiel. Der ein oder andere Spielfehler ist zwar noch auffindbar, fällt jedoch im Vergleich zum Rest des Spiels nicht zu sehr ins Gewicht. Dinge, die noch fehlen, wie beispielsweise die bereits angekündigte nicht lineare Einzelspielerkampange, werden allmählich nachgereicht und dass in einem steten Fluss, der alle paar Wochen ein größeres Update mit sich bringt.
Fazit:
Alles in allem wirkt „They Are Billions“ bereits jetzt wie ein rundes Spiel, die kleineren Fehler sind verzeihbar und werden im Laufe des Early Access Prozesses zweifelsfrei ausgebessert. Was besonders interessant werden dürfte, ist die vom Entwickler Numantian Games versprochene Einzelspielerkampange, die eine mehrere Kapitel umfassende Geschichte erzählen soll.
Eine Alterseinstufung steht bisher aus, betrachtet man die Gewaltdarstellung im Spiel, so scheint eine Einstufung ab 16 Jahren gerechtfertigt, gerade wenn man vergleichbare Spiele betrachtet. Zwar sind die „Kämpfe“ teils blutig, Körper verschwinden jedoch bereits nach sehr kurzer Zeit und alles in allem sorgt der Comiclook für eine Entschärfung der Szenerie.
Ja, die Anwendung von Gewalt ist zwingend erforderlich um zu gewinnen, doch letztlich sind Planung, vorrausschauendes Denken und Strategie die Hauptaspekte von „They Are Billions“.
Eine Rezension von Hauke Hülsmann // Wintersemester 2017/2018